11. Mai 2022 Arm, ärmer, am ärmsten

Hallöchen ihr da zuhause,

Ihr fragt euch sicher schon, was jetzt, nach dieser Überschrift, für ein Blogbeitrag folgt, denn das klingt so gar nicht nach einem Ausflug oder so ...
... falsch geraten. Wir machen einen Ausflug, sogar zu fast all unseren Stopps auf dieser Reise und befassen uns dabei einmal genauer mit einem Thema, das mich selbst schon lange beschäftigt: Armut.

Was ist Armut eigentlich? Und kann man etwas dagegen tun? Wie bestimmt man Armut? Und was ist so schrecklich daran? All diese Fragen werde ich nun mit euch stellen und hinterfragen, also legen wir los!

Ihr sollt bloß noch wissen, dass dieser ganze Beitrag nur auf subjektiven Quellen basiert. Ich schreibe aus unseren Erfahrungen und Beobachtungen nicht aus Statistiken und Fakten, was allerdings auch nicht heißt, dass dies falsch ist.

 
Was ist Armut eigentlich?
Ich finde, dass man auf diese Frage gar keine eindeutige Antwort geben kann. Natürlich gibt es eine offizielle Maßangabe überall auf der Welt, die sagt, dass Menschen als arm gelten, wenn ihre Grundbedürfnisse nicht gedeckt werden können. Das möchte ich auch gar nicht infrage stellen. Was ich mich frage, ist viel eher, ob Armut nicht schon viel früher und ganz woanders beginnt? Dazu lade ich euch ein, einen kleinen Blick auf unsere Reiseroute zu werfen.

Unser erster großer Stopp: Teneriffa. Dieses Land schien auf den ersten Blick nicht arm, was das Geld angeht und wenn man richtig hört, machen dort ja auch Leute mit nicht wenig Geld Urlaub, was den Bewohner:innen ein doch recht luxuriöses Leben ohne Hunger, Obdachlosigkeit und fehlender Gesundheit beschert. Um einen Vergleich zu haben, schauen wir unser nächstes Reiseziel, die Kap Verden, an. Hier sah man schon auf den ersten Blick, dass dieses Land schlimmere Zeiten durchgemacht hat und man begegnete auf den Straßen öfter Mals Menschen, die um etwas zu essen oder Geld baten. Es wurden Kinder zum Betteln auf die Straße geschickt und in den Supermärkten gab es nicht viel zu kaufen. Das Ocean-Science-Center hatte einen Raum mit technischer Ausrüstung zur Erforschung der Meere und dort auch nur das Nötigste. Nuno, ein Mitarbeiter, der uns die Führung gegeben hatte, war unglaublich stolz, uns den neuen Lasermessstrahl (ich weiß nicht mehr genau, was die Funktion dieses Gerätes war) auf dem Dach des Centers zeigen zu können und dass er überhaupt hier hineindurfte und den Touristen aus Deutschland eine Führung geben durfte.

Worauf ich hinauswill: Man sieht sofort die finanziellen Unterschiede der beiden Länder und man sieht ihre Folgen davon, doch was meint ihr welcher Stopp mir besser gefallen hat?

Richtig! Kap Verde. Denn manchmal geht es gar nicht darum wie gut ein Staat in Sachen Geld aufgestellt ist, wie gut er sich Sauberkeit und Luxus leisten kann. Es geht doch um die Menschen selbst. Dieses Leben auf Kap Verde. Überall wo man hinging, waren Menschen auf der Straße und obwohl sie vielleicht nicht jeden Tag drei Mahlzeiten plus eine Villa mit Pool haben, genießen sie ihr Leben bis ins kleinste Detail. Damit möchte ich gar nicht kleinreden, dass Hunger und Obdachlosigkeit große Probleme sind, die es zu bekämpfen und besiegen gilt. Ich möchte nur sagen, dass Armut vielleicht nicht immer nur finanziell angesehen werden sollte. Denn ich finde, dass Teneriffa und seine Bewohner im Vergleich eigentlich viel ärmer sind, denn sie leben nicht diese Aspekte, die so viel wichtiger und wertvoller als Geld sind.

Sie haben dadurch, dass sie so sehr gegen Hunger und Obdachlosigkeit und alles, was damit zusammenhängt, kämpfen müssen einen Zusammenhalt gewonnen, den sie meiner Meinung nach nie wieder verlieren dürfen und der ihr Land auch zu so etwas besonderem macht. Genauso in Costa Rica, Kuba und so vielen anderen Ländern. Sie sprechen dieselbe Sprache, und zwar wirklich dieselbe, nicht nur die, die so im Lexikon steht, sie verstehen einander, kennen einander und leben so auch miteinander. Das hat man am allerbesten auf dem Kunstmarkt in Kap Verde gesehen. Wo alle gemeinsam das Leben an sich gefeiert und genossen haben. Egal ob Erwachsen, jung oder alt, egal ob klein, groß oder dick. Das sind sowieso alles nur Vergleiche, die doch nichts zählen. Am Ende sind wir alle Menschen!

Mit dieser Überleitung kann ich euch ja nun nach Costa Rica begleiten. Ich möchte gleich mit ein bisschen Spanischunterricht beginnen: Pura Vida! Das Lebensmotto der Dorfbewohner und Costa Ricas. Übersetzt bedeutet es pures Leben, was so viel heißen soll, wie, wie toll ist das Leben, genieße das Leben wie es kommt, lebe das Leben. Ich habe dieses Motto das erste Mal gehört und möchte am liebsten nie wieder loslassen, so sehr habe ich mich daran festgekrallt. Denn sie haben Recht. Das was zählt ist nicht, wie sorgenlos, organisiert und geplant du dein Leben lebst, sondern wie du es genießt, wie du darin lebst, dass du es lebst. Die Dorfbewohner in Longo Mai waren quasi die Verkörperung, von Freundlichkeit, Güte und Herzlichkeit. Und da war es auch komplett egal, dass aus der Dusche nur eiskaltes Wasser kam, dass die Küche nur eine offene Herdstelle war, dass es nur zwei Messer im Haushalt gab oder dass es statt Türen nur Vorhänge gab.

Ihr seht was ich dort aufgelistet habe beinhaltet in jeder Aufzählung das Wort “nur”, aber was heißt das eigentlich? Dieses “nur”? Kann man das nicht genauso gut weglassen?

Wenn ich jetzt die Dorfbewohner und unsere Gastfamilien fragen würde, ob sie sich als arm bezeichnen würden, sie würden sagen: ”Nein, wir haben doch alles was wir brauchen und noch dazu eine tolle Gemeinschaft!”

Kommen wir zu unserem letzten Stopp auf diesem Ausflug. Ich denke ihr wisst alle ungefähr Bescheid über die politische Lage in Kuba (und wenn nicht, dann solltet ihr euch an dieser Stelle informieren, denn um das zu erklären, bräuchte ich weitere drei Seiten und das will ich mir und auch euch ersparen). Jedenfalls habe ich, nachdem wir das erste Mal an Land waren mit Peggy gesprochen und sie gefragt, wo denn diese Armut ist, von der immer gesprochen wird. Denn man hat auf der Straße gar keine Bettler gesehen.

Allein an dieser Aussage, merkt man doch schon wie naiv und vorurteilsbelastet ich durch die Welt spaziere. Ich meine, ich komme aus Berlin, habe mittlerweile doch auch schon einen Teil der Welt gesehen und wirklich nicht nichts in meinem Leben gelernt.

Peggy hat mir das erklärt: Kuba ist ein kommunistischer Staat und das Ziel des Kommunismus ist es alle Menschen gleich zu behandeln und keine Klassengesellschaft zu schaffen. Darum liegt die Armut hier nicht darin, dass manche Menschen kein Obdach haben oder nichts zu essen, sondern dadurch, dass alles gleich und gerecht verteilt wird, bekommen die Menschen im gesamten eben nicht so viel. „Die Armut wird hier versteckt”, meinte Peggy. Aber auch hier ist mir wieder aufgefallen, wie reich dieses Land an anderen Dingen ist. Ihre Kultur zum Beispiel, die dadurch, dass so wenig Fremdeinwirkung geschehen ist, ganz eigen ist. Die Menschen und ihre Herzlichkeit, ein Paradies des sozialen Zusammenseins. Die Autos, ein Paradies für Autoliebhaber! Die Bars, ein Paradies für Partymacher! Das ist einfach Kuba und wir haben es alle geliebt.

Mir ist während dem Schreiben aufgefallen, dass ich euch ja eigentlich klar machen wollte, dass Armut eben nicht nur die finanzielle Lage eines Landes oder Menschen beschreibt. Dann habe ich aber selber doch auch immer wieder das Wort “arm” dafür verwendet, dass manche Menschen nicht so viel Geld haben. Worüber ich mich jetzt selbst ärgere, weil das ja meiner Aussage widerspricht. Darum bitte ich euch, euch an diesen Stellen ein anderes Wort, ein schöneres auszudenken. Lasst uns ein neues erfinden!

Außerdem möchte ich zu diesem Blogbeitrag dazu sagen, dass ich auf GAR keinen Fall das riesige Problem der globalen Ungleichheit und ebendieser (ich nenne es jetzt doch wieder so) Armut, in Bezug auf die Grundbedürfnisse, klein reden möchte, im Gegenteil: ich will darauf aufmerksam machen, dazu aufrufen, zu helfen, wo man kann und sich damit zu beschäftigen.

Dieser Beitrag sollte euch nur darstellen und zeigen können, dass ein tolles Leben eben nicht bloß mit Geld möglich ist. Dass Geld nicht das ist, worauf man achten sollte, wenn es um Werte und ein gelebtes Leben geht. Dass wir als Gesellschaft enger zusammenhalten sollten, um eine bessere Welt zu gestalten und dass uns genau diese Menschen, die es oft am schwersten haben, am besten zeigen können, wie das geht. Ich hoffe, dass dieser Beitrag das kann und dass er in euch etwas geregt hat und euch zum Nachdenken bewegt.

Vielleicht stellt ihr nun auch den Luxus und den Überfluss, in dem wir hier leben in Frage? Stellt in Frage, was es heißt, zu leben?

Ich tue das!

Eure Clara