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27. April 2024 Die andere Seite des Segelns

Datum: 26. April 2024
Position: 53°44,831'N 06°19,489'O
Bisher zurückgelegte Seemeilen: 14.355 nm
Wetter: leicht bewölkt ·  13,7°C · Wind: S2
Gesetze Segel: -
Geschwindigkeit: 5,9 knt
Stimmung: fokussiert auf den SBF
 
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Segeln, so wie wir es hier tun, ist so viel mehr als das konventionelle Sportsegeln, wie es die meisten von uns kennen. Natürlich geht es auch darum, Segel zu setzen, den Wind möglichst effektiv zu nutzen und vieles mehr, aber es gibt auch eine andere Seite.
 
Als ich dieses Schiff betreten habe, habe ich gleichzeitig einen eigenen kleinen Kosmos betreten, der sich nur innerhalb des Schiffes abspielt.
Man hat nur begrenzte Ressourcen und weiß sie (in den meisten Fällen) zu nutzen: Gehen Dinge kaputt, repariert man sie mit allen Mitteln, die man hat und denkt gar nicht erst an einen Neukauf. Alles, was irgendwie wieder zu verwenden ist, wird genutzt. So werden alte Bettlaken zu Putzlappen, aus kaputten Seilen werden Gaskets und auch Papier wird doppelt und dreifach benutzt.   Ich selber bin viel sparsamer mit meinen Sachen geworden und achte mehr auf diese. Ich z.B habe letztens meine Converse genäht, weil sie kurz vor dem Auseinanderfallen waren.

Amelies Schuhreparatur mit Stil

Amelies Schuhreparatur mit Stil © Peggy
Beitragsbild: In Gemeinschaft teilen wir (Peggy, Amelie, Marlou, Lara) besonders gern gesegelten Tres-Hombres-Kaffee handgemahlen  © Peggy

 
Die Abgeschiedenheit von der Gesellschaft und auch des Umfeldes von zu Hause hat mir die Chance gegeben, auf die Dinge, die in der Welt so passieren, einen neutralen Blick zu haben und darüber zu urteilen. Gleichzeitig werde ich hier überschwemmt von neuen Einflüssen von so vielen verschiedenen Personen, die man anders gar nicht kennengelernt hätte, sowohl von der Crew, als auch unter den Schüler:innen. Die Bordgemeinschaft ist eine kleine überschaubare Spiegelung der Gesellschaft und man kann nahezu alles, was sich draußen im Großen abspielt auch hier in kleiner Form wiedererkennen. Ich habe so viel daraus gelernt.
 
Außerdem fahren Menschen seit Jahrhunderten zur See, was viele alte Seemannslieder und -geschichten hervorgebracht hat. Das Segeln ist so zu einer Art eigenen Kultur geworden, in der Nationalitäten keine Rolle spielen. Es ist faszinierend in diese Welt einzutauchen und mich bringt das schnell dazu, alles zu romantisieren. Dazu hat es auf jeden Fall Potenzial. Ich meine, wer würde das nicht tun, wenn sie/er auf dem Top-Gallant dem Sonnenuntergang zuguckt oder unter tausenden von Sternen auf die weite See starrt. Das heißt aber nicht, dass ich nicht regelmäßig von der kalten Realität erwischt werde, ganz im Gegenteil und ich meine das nicht negativ.
Die Verbindung aus alt mit neu sehe ich ganz und gar nicht als hängengeblieben an, viel eher als Chance, aus der Vergangenheit zu lernen.
 
Wie ihr seht, steckt das sogenannte Segeln voller Widersprüche und ist extrem vielfältig. Es heißt halt nicht nur „Segel setzen und auf den richtigen Kurs halten“, auch, wenn das ohne Zweifel ein sehr entscheidender Part ist. Es heißt Gemeinschaft, Lernen, Reflektieren, sein Leben romantisieren und sich im gleichen Zuge konstant mit der bitteren Realität auseinander zu setzen.
 
Eure Amelie G.

 
Grüße:
Amelie G.: Sorry, dass es so verspätet kommt! Bis bald …